Samstag, 31. Januar 2009

Neues aus Ortwins Welt

Ein wenig wird es wohl noch dauern, da wird auf der Internetpräsenz von Ortwin Schweitzer die aktuelle Ausgabe von "die Politische Seite" auch für denjenigen verfügbar sein, der nicht schon per Email sich dem aussetzen konnte, was "Fürbitter bewegt".
Wie es nicht anders sein konnte ging es ein Schweitzers aktuellen Ausführungen um den "Gaza-Krieg – sein Umfeld und seine Folgen"
Es handelt sich um den ersten Teil, was besagen will, dass Ortwin Schweitzer gedenkt irgendwann noch mal einen zweiten Teil zu verfassen. Da er mit gleicher Post um Verständnis dafür bittet, dass es ihm z.Zt kaum möglich ist alle zwei Monate sowas zu Papier zu bringen, wird man allerfrühestens einen zweiten Teil Ende März zu erwarten haben.
Schweitzer liefert in dem vorliegenden ersten Teil eine durchaus lesenswerte Analyse, der nicht jeder in allen Punkten zustimmen muss. Mit Ernst kann man beispielsweise seine Zweifel hegen an Formulierungen, wie dass die Fatah inzwischen Israel Existenzrecht anerkannt habe.
Es findet sich zum anderen darin auch manche überflüssige Wertung, wie zum Beispiel die Bezeichnung Netanjahus als einen "ausgemachten Hartliner".

Das wirklich Erschreckende an der aktuellen Ausgabe besteht aber darin, was Schweitzer nicht thematisiert unddarin, was dann bei ihm unter der Rubrik "Gebet" steht.

"Beter im Aufbruch" das ist ja ein hehrer Titel mit Anspruch, der die Frage aufkommen läßt, wohin denn diese Beter "unterwegs" sind. Aus vorgestellter Thematik formuliert Schweitzer folglich am Ende immer einige Gebetsanliegen, die eine Richtschnur oder Anleitung oder zumindestens ein kompetenter Ratschlag fürs Beten geben soll.

Schweitzer hat es bloß diesmal entweder gar nicht mitbekommen, oder es scheint für ihn nicht erwähnenswert zu sein, dass Deutschland die heftigstens antisemitischen Aufmärsche seit dem Gedenken an das Dritte Reich auf seinen Straßen und Plätzen erlebt hat. Es scheint beim Vielschreiben untergegangen oder für ihn vielleicht gar unwichtig zu sein, dass deutsche Polizisten eine Israelfahne als Provokation empfanden, deshalb eine Wohnungstür zerstörten, in eine leere Privatwohnung eindrangen und unter dem Beifall von antisemitischem Mob zwei aus dem Fenster hängende Israelfahnen abrissen.

Es scheint ihm wohl unbedeutend, dass fast pünktlich zum Holocaustgedenktag, der Deutsche "Josef Ratzinger" einen ausgesprochenen Holocaustleugner in den Schoss der Religionsgemeinschaft zurückholt, die er vorsteht und dass aus dem Vatikan von ranghoher Stelle wiederholt Gaza-KZ-Vergleiche einen regelrechten Support von europäischen Strassen- und Gassenantisemitismus lieferten.
Man hätte auch in solch einen Gebets-Brief erwähnen können, dass in der Bundeshauptstadt Berlin Hamas-Fahnen wehten, Fotos von Scheich Jassin, auf den mehrere der schwersten Selbstmodattentate zurückgehen, stolz und unter den Augen deutscher Ordnungskräfte in die Höhe gehalten wurden, dass man vielerorts in Deutschland "Tod, Tod Israel" skandierte, dass man in Europa (aber auch auf deutschen Straßen wie in Frankfurt) wieder Aufforderungen wie "Vergast die Juden" öffentlich hören konnte und dass sich Juden erklärtermaßen deshalb in Deutschland immer weniger wohl fühlen.

Das alles scheint für den Beter vorerst nicht wichtig zu sein, oder es kommt irgendwann in zwei Monaten im Teil 2 von "Gaza und seine Folgen", wenn Herr Schweitzer es doch noch für wichtig hält.

Es wird bei allem immer deutlicher, dass trotz Versöhnungskonferenzen, Vergangenheitsstudien und Bußübungen über die schreckliche deutsche Vergangenheit aus der Deutschen Geschichte nichts Gehaltvolles gelernt worden ist.
Man hätte doch einfach den jetzigen Skandal thematisieren MÜSSEN!!!, den Skandal, dass von Christen in Deutschland kein ernsthaftes Zeichen gegen den hochkochenden Antisemitismus gesetzt worden ist, dass sich kaum jemand angemessen mit den hier lebenden Juden solidarisierte, usw. usw.
Wenn man die Vergangenheit ernst nähme, hätte man die Welle von antisemitischer Hetze in Schulen und Internetforen thematisieren MÜSSEN. Aber nein, der "rufende Wächter" hält es offensichtlich nicht für angemessen, jetzt das "Wehret den Anfängen" "gebetstechnisch" zu aktualisieren, er erklärt lieber den "Nahostkonflikt" und wartet anstelle eines deutlichen Weckrufes mit -eingedenk des geschilderten Horizontes-unsäglichen "Gebetsanliegen" auf:

"Lasst uns beten, dass der Waffenstillstand eingehalten wird und der Raketenbeschuss auf Israel endgültig aufhört, damit auch die Gazabevölkerung keine Vergeltungsschläge mehr befürchten und erleiden muss.

Das kommt also als gebetspragmatisches Fazit dabei raus: Nachdem in der Analyse noch der Sicherheitsaspekt Israels durchaus adäquat dargestellt wurde, soll jetzt gebetet werden, dass die Gazabevölkerung keine "Vergeltungsschläge"!!!! mehr befürchten und erleiden muss.
Ist es Ortwin Schweitzer wirklich entgangen, dass es sich eben nicht um Vergeltungsschläge Israels gehandelt hat? Hat er seine eigene Analyse nicht verstanden? Was soll diese blödsinnige Formulierung, die eher für palästinensische Propaganda als fürs Beten taugt?
Weiter geht es im frommen Hortativ: "Lasst uns für die Pragmatiker in der Hamas beten, dass sie die Oberhand gewinnen und sie eine Formel finden, die es ihrem Glauben erlaubt, die Existenz Israels stehen zu lassen."
Muss man einem geistlichen Leiter erklären, dass eine faule Wurzel keine gute Frucht bringen kann? Welch ein verschrobenes Bild liegt hier zugrunde. Wie sehr wird Religiösität unterschätzt?
Den schweitzerschen Hortativ ist man mittlerweile gewohnt: "Lasst uns für die Wahlen in Israel am 10. Februar beten, dass der langfristig Gute Wille Gottes geschehe und Israel eine stabile Regierung bekommt, die auch international Anerkennung findet."

Dass in diese Regierung ein "Hartliner" wie Netanjahu nicht reinpasst, mag man nach Schweitzers überflüssiger Etikettierung ahnen, aber sollte es ihm denn gänzlich entgangen sein, dass Israel immer nur dann Beifall von der Staatengemeinschaft bekommt, wenn es sich zu Schritten hat nötigen lassen, für die Israeliten später mit ihrem Blut bezahlen müssen?

Ich frage: Wie realitätsfern darf man in der deutschen Fürbittebewegung sein?

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